Molly?
Wie konntest Du uns das nur antun?
Molly!
Und dabei hätte alles so schön sein können.
Zurück zum Anfang
Molly und die Rallye – das hat wirklich nicht sollen sein. Ich möchte euch gerne davon erzählen, wie es war, die Rallye mit Molly zu fahren. Und dabei zum Beispiel mit einer defekten Zylinderkopfdichtung und massiven Kühlproblemen durch die Wüste im Iran zu fahren – oder eben rund 200km ohne Hinterachsfederung durch eine Geröllwüste.
Eine Hassliebe über 11066km.
Molly und ich.
Also. Fangen wir an.
Start your engines, please
Samstag, der 27.07.2019, kurz vor 12 – Rallye-Start. Wir wollen die Autos starten, uns von den Liebsten verabschieden und ins Abenteuer aufbrechen. Also rein in die Autos, kurze Rudolf-Diesel Gedächtnis-Sekunde und den Zündschlüssel gedreht. klack-klack-klack. Nichts. Von wegen „start your engines!“

Das kann doch nicht wahr sein. In 5 Minuten wollen wir losfahren und Molly will nicht anspringen. Noch eher ungeübt suchen wir das Starthilfekabel (wer hat das unter das Gepäck gelegt??) und bekommen Starthilfe von Helga, unserem Opel Corsa. Eine Situation, an die wir uns bald gewöhnen sollten.
Punkt 12:00 springt Molly an. Schnelle Umarmungen, viel zu viel Hektik und Abfahrt Richtung A92 – wir wollen bis weit nach Ungarn kommen.
Die ersten 80 Kilometer spulen wir sehr routiniert ab, auf der Autobahn laufen Helga, Lucy & Molly geschmeidige 120-130km/h. Solange man die noch fahren darf und kann – laufen lassen.
In einem der ersten Staus bemerke ich ein leichtes Ansteigen der Kühlmitteltemperatur – OBD2-Dongle und Tablet mit Torque zur Anzeige sei Dank. Kurze Rückversicherung bei Lucy, ob dort auch aufgrund des Staus die Kühlmitteltemperatur ansteigt? Fehlanzeige.
Hmmmm.
Was kann das nur sein? Also an der nächsten Möglichkeit rechts ran gefahren und nach dem Kühlwasser geschaut.
Hinweis: Was sich so einfach liest, ist bei einem überhitzten Kühler aufgrund der Dampf-Entwicklung nicht gerade einfach. Also mit reichlich blauem Zellstoff den Kühler vorsichtig geöffnet, den Dampf langsam entweichen lassen (und sich dabei nicht die Hand verbrühen) bis man den Verschluss vollständig abnehmen kann.
Da fehlt was – und zwar ordentlich. Molly nimmt sich bei ihrer ersten Erfrischungspause rund 0.5 Liter kühles Wasser zur Brust – wie gut, dass wir 2 x 10l Trinkwasser in Kanistern zusätzlich an Bord haben.
Fehlersuche während der Fahrt
Während ich also mit 110-120 km/h auf der mittlerweile österreichischen Autobahn vor mich hinrolle, denke ich darüber nach, was es sein könnte. Im Vorfeld hatten wir bereits sporadischen Wasser- und Leistungsverlust bei Molly, glaubte diesen Mangel jedoch durch die Behandlung des DPF und des AGR-Ventils beseitigt zu haben – erste Testfahrten danach waren auch positiv.
Oder sollte Andy, der uns den Diesepartikelfilter für die Rallye vorbereitet hat, recht behalten haben und es ist doch die Zylinderkopfdichtung. Hmmm. Andererseits ist das Kühlwasser nicht schaumig / ölig, ebenso ist das Öl einwandfrei. Ich dachte immer, wenn die ZKD defekt ist, müsste man das irgendwo sehen? Aber was weiß ich schon von Autos.
Also weiter gefahren und ab jetzt immer ein Auge auf der Kühlmitteltemperatur, ein Auge auf der Straße.
Im Laufe des ersten Rallye-Tages stelle ich fest: Bei vorsichtiger Fahrweise (<120km/h) kann ich die Temperatur zwischen 88° und 95° C halten – aber nach rund 150km braucht Molly eine kurze Erfrischungspause.
Ok – das ist jetzt so. Umkehren steht außer Diskussion, also fahren wir weiter.
Was kann schon schiefgehen?
Routine im Team
Bis zu unserem Etappenziel im ungarischen Süd-Osten legen wir noch einige Zwischenstopps ein. Es werden Zigaretten und Softdrinks gekauft, während ich mich darin übe, den überhitzten Kühler ohne Verbrennungen zu öffnen. Beim dritten oder vierten Mal habe ich den Dreh dann raus:
- Kühlerdeckel leicht aufdrehen
- An einer Seite runterdrücken, sodass der Dampf entweichen kann. Aber vorsichtig – zuviel lässt das Kühlmittel aufkochen, zuwenig und der Prozess dauert ewig
- Wenn kein Druck mehr drauf ist, Deckel abnehmen und fachmännisch in den Kühler schauen
- Wasser nachfüllen bis zum Überlauf
Umstehende Zaungäste,meist mit echten funktionierenden Autos in Richtung Urlaub unterwegs, bestaunen unser lustiges Treiben – eher spöttisch als hilfsbereit.
Im Laufe der Rallye sollten Valle und ich hier ein eingespieltes Team werden:
- Rechts ranfahren
- Tom öffnet den Kühler
- Valle besorgt Kühlwasser
- Auffüllen, zudrehen, Motorhaube zuschlagen, weiterfahren
Geht problemlos alles bei laufendem Motor.
Sven und Teiti sorgen derweil für Fahrergetränke oder machen Bilder von Tom vor der offenen Motorhaube. Recht so.
Weiter geht’s
Morgens startet Molly wieder nicht – und das, obwohl ich über Nacht die Batterie abgeklemmt hatte – der 13er Schlüssel steckt immer griffbereit in der Fahrertür. Kein Problem – wenn Molly läuft, läuft sie. Und mehr als zweimal starten am Tag haben wir nicht wirklich geplant 😉 Ist ja eine Rallye.


Dachten wir. Bis zur ungarisch-serbischen Grenze. Um Überhitzung zu vermeiden lasse ich den Motor im Stau aus und schiebe Molly immer wieder. Spöttische Blicke aus den Fahrzeugen.
Der Grenzstau von Serbien nach Bulgarien hingegen ist eine andere Nummer. Geschlagene 9 Stunden Stau – mit viel Stop und wenig Go. Wieder wie oben: Ich schiebe Molly meistens. Hier kommen mir zum ersten mal andere Menschen zu Hilfe – ausnahmslos türkische oder griechische Gastarbeiter, die mit ihren Familien nach Hause fahren – wie zum Beispiel Yalcin, der mir im Stau Tipps für die türkische Grenze bei Kapikule gibt, damit wir nicht so lange Wartezeiten haben.
Naja – als es endlich wieder losgeht – ihr ahnt es schon – springt Molly wieder nicht an. Kein Saft mehr.
Also stehe ich mit Molly mitten im sich auflösenden Stau, Starterkabel in der Hand und hoffe, dass mir jemand Starthilfe gibt. Es ist ja nicht so, als würde es an Fahrzeugen mangeln. Eine Familie bietet uns ihre Ersatzbatterie an leider hat diese aber keine Chance bei dem schweren Diesel von Molly. Nein – echter Strom aus einem laufenden Motor muss her. Hat nur keiner Zeit oder Lust, mir zu helfen. Nach rund 5 Minuten erbarmt sich ein Familienvater und ich kann Molly starten.
Nochmal Kühlwasser aufgefüllt und zur Grenzabfertigung angestellt. Ich mache den Wagen nicht mehr aus, um nicht nochmal auf Starthilfe angewiesen zu sein. Das muss Molly jetzt aushalten.
Von der Rallye-Playlist habe ich erst zwei Lieder gehört – ich höre nur noch auf den Motor.
Variations of a theme
Das geht jetzt so weiter: Das am ersten Tag Erlernte wird routiniert angewandt, und um eine Überhitzung zu vermeiden fahre ich den Wagen wie auf Eiern.
Schnelles Beschleunigen? Fehlanzeige. Souveräne Bergauffahrten? Ha! Gemütliches gleiten auf Autobahnen und Landstraßen? So kommen wir ins Geschäft. Also behandelt mein mit Sandalen geschmückter Fuß Molly’s Gaspedal, als wäre es ein rohes Ei. Geschickt nutze ich Bergab-Passagen, um die Temperatur wieder auf < 95° C zu bringen – mein selbsterklärtes Ziel.
Die Pausen alle 150km sind mittlerweile absolute Routine.

Am 3 Tag erreichen wir die Türkei – gute 1800km Fahrt liegen hinter uns – oder andersrum: Wir sind im Zeitplan. Zwar mit Problemen unterwegs – aber im Zeitplan. Müsste doch zu schaffen sein.
Wenn einen die LKW überholen
Mittlerweile rollen wir den zweiten Tag durch die Türkei. Und es ist die einzige Etappe auf dieser Rallye, die Sven und ich zusammen fahren werden.
Nach einer guten Stunde Fahrt geht es bergauf. Es geht immer noch bergauf. Lange bergauf. Irgendwas zwischen 8% und 12% Steigung. Ich klemme mich mit Molly (und Sven) hinter einen LKW, der die Steigung langsam angehen lässt. 40 km/h, 30 km/h – wir werden beide langsamer – aber das hindert den Kühler nicht, die Temperaturen von > 100° C zu erreichen. Ein paar Augenblicke später müssen wir den vorausfahrenden LKW ziehen lassen und schleichen im zweiten Gang ganz langsam den Berg hoch – alle LKW überholen uns.
Mit gefühlt letzter Kraft und noch nicht überkochendem Kühler erreichen wir die Spitze des Berges und legen eine Pause ein. Die Abstände zwischen den Pausen werden immer kürzer – die Temperaturen in der Türkei sind auch nicht mehr mit den ersten Tagen zu vergleichen.

Nach zwei weiteren Stopps entscheiden wir uns, eine Werkstatt aufzusuchen. Dort empfiehlt man uns, in das nicht weit entfernte Corum zu fahren – es handele sich totsicher um die Zylinderkopfdichtung. Man avisiert unsere Ankunft telefonisch und schildert die Sachlage. Spätestens morgen sind wir wieder auf der Straße. Hoffnung!
Werkstatt Nr. 1
In Corum angekommen kümmert man sich sofort um uns. Andere Fahrzeuge müssen Platz machen. Der Werkstattmeister ist überzeugt, es handelt sich nicht um die ZKD, sondern lediglich um einen verstopften Kühler. Er ist der Fachmann. Kühler ausgebaut, viel Tee getrunken, Hotel, schlafen, wieder hin, Probefahrt mit dem Wagen und alles passt. Endlich. Bezahlt und weiter geht es, den anderen beiden hinterher, die bereits mit Helga und Lucy seit gut 2 Stunden in Richtung Etappenziel in der Osttürkei unterwegs sind.





Glimpflich davongekommen, dachte ich mir. 250€ für Material und nochmal 100€ oder so für den Arbeitslohn. Ungeplant, aber kein Totalschaden.
Rund 250km später blinkt die Kühleranzeige auf dem Tablet – 98° C. Verdammt! Also doch nicht vorbei. In dunkler Nacht erreiche ich Artvin, unser Etappenziel nicht weit von der georgischen Grenze entfernt.
Molly kocht über
Früh geht es los, auf in die Berge. Helga und Lucy fahren vor, ich zuckele hinterher. Kurz vor Savsat kommen die ersten Serpentinen, die Kühlwasseranzeige blinkt schon lange, aber die eine Spitzkehre wollte ich noch nehmen.
Fehlanzeige. In der Kurve ein lautes Zischen und Dampf steigt unter der Motorhaube hervor – und auf. Eindrucksvoll, einen Wagen mit kochendem Kühler am Straßenrand abzustellen. Und das ganz alleine – Helga und Lucy und die Jungs sind schon einzwei Spitzkehren weiter und wissen ja nichts von meinem Malheur.
Ich drehe den Kühlerverschluss leicht und sofort schießt links und rechts Dampf raus… mit einem Stock öffne ich das Teil vollständig und werde mit einer kochenden Wasserfontäne begrüßt. Ich renne erstmal dem Kühlerverschluss hinterher, der gerade Richtung Abhang rollt. Diesmal möchte Molly zwei Flaschen Wasser – und noch was aus dem Kanister. Und mir kommen erste Zweifel, ob wir so die Rallye zu Ende fahren können.
Also wie immer: Sanft mit dem Fuß das rohe Ei auf dem Gaspedal streicheln und Molly zur Weiterfahrt bewegen. Das wichtigste Anzeigeinstrument ist schon lange nicht mehr der Tacho, sondern nur noch die Kühlmitteltemperaturanzeige auf dem Tablet.
Fachmännischer Rat und Werkstatt Nr. 2
Mit Autos ist es ja so wie Computern: Jeder hat einen und gerne gibt auch jeder einen guten Ratschlag dazu ab.

An der Georgisch-Armenischen Grenze erfährt der lokale SIM-Karten- und Versicherungshändler beim Rauchen von unserem Problem und empfiehlt uns, einen Kumpel aufzusuchen – es sei wahrscheinlich ein klemmendes Kühlwasserthermostat bei Molly – ganz sicher. Kühlwasser und Öl schauen einfach zu gut aus – es ist nicht die Zylinderkopfdichtung. Blöd nur, dass das Kühlwasserthermostat gerade erst in der Türkei erneuert wurde.
Egal. Wir fahren zu Werkstatt Nr. 2 in Gjumri, bei der wir ebenfalls telefonisch angemeldet wurden. Der Meister kommt raus, lässt mich Molly starten, hält die Hand an den Auspuff und in den Auspuffqualm und teilt uns mit: Zylinderkopfdichtung – es sei ganz klar Wasserdampf zu fühlen.
Werkstatt Nr. 3
Also teilen wir uns auf. Sven und Teiti fahren mit Helga und Lucy in Richtung Armenisch-Iranische Grenze, Valle und ich nach Eriwan (nein, nicht um Radio-Witze zu hören), um dort eine Zylinderkopfdichtung beim Hyundai-Händler aufzutreiben und einbauen zu lassen – muss ja gehen. Valle spricht russisch – ohne ihn werde ich keine Chance haben.
In der Hyndai-Zentrale ist man sehr freundlich – man habe nicht unbedingt eine ZKD für uns – aber man empfehle uns eine andere Werkstatt, die könnten eine haben – und wenn nicht, soll man sich wieder melden.
…und Nr. 4
Durch den mittlerweile dichten Verkehr finden wir die nächste Werkstatt – eher so ein Hinterhofteil. Freundlich teilt man uns mit, dass es in Armenien keine ZKD für Dieselfahrzeuge geben wird. Am besten in Gürcistan (Georgien) oder aber in der Türkei – wir sollten am besten in die Türkei fahren.
Das war der Moment, an dem ich, an die Werkstattmauer gelehnt, auf den Boden gesunken bin und die Hoffnung verloren hatte. Wie sollten wir mit dem Wagen nur weiterfahren? Der Iran mit seinen Wüsten, die Berge des Pamir – all das ohne Zylinderkopfdichtung und mit Kühlproblemen?
Unmöglich!

Und doch – aufgeben gibt’s nicht. Alternativlos fragen wir, ob wir unsere Wassertanks auffüllen dürfen. Verständnisvoll hilft man uns bei der Befüllung – die Leute dort wissen, welcher Ritt uns durch das Grenzgebirge am Iran bevorsteht.
Abends treffen wir Sven und Teiti an der Grenze im Hotel. Mittlerweile haben wir über 4000km zurückgelegt.
Auf nach Täbris
Wir beschließen, das Valle und ich (erwähnte ich, das Valle auch Farsi spricht?) mit Molly nach Täbris fahren, der ersten größeren Stadt auf unserer Route durch den Iran.
Als wir unterwegs im Iran zum ersten mal unseren Boxenstopp absolvieren, sind wir erstaunt, dass Leute sogar über die Autobahn rennen, um uns zu helfen. Auch wieder ein selbsternannter Autoexperte, der uns versichert, dass wir so nicht bis Täbris kommen. Aufgrund fehlender Optionen sagen wir Molly nichts davon und fahren weiter.
Molly auf großer Schleichfahrt.
Am frühen Nachmittag erreichn wir Täbris und den dortigen Hyundai-Handler. Wer mitgezählt hat:
Werkstatt Nr. 5
Wir werden mit Tee und großer Gastfreundschaft begrüßt. Beim Aussprechen des Wortes „Diesel“ verschwindet das Lächeln der Mechaniker – kein Mensch im Iran fährt Diesel. Nur das Militär und Erntemaschinen. Embargo sei Dank gibt es auch keine Ersatzteile.
Und nun? Täbris war unsere Hoffnung.
Netterweise gibt man uns das Wifi-Passwort – Sim-Karten haben wir noch nicht und das Roaming haben wir aus Dummheit noch nicht freigeschaltet. Aber ohne Internet-Roaming können wir auch Sven und Teiti nicht erreichen. Also SMS geschrieben und Kontakt mit zuhause aufgenommen.
Ohne die Hilfe aus Deutschland hätten wir es wohl nicht geschafft, aber Silvia hat uns dann eine Adresse einer Werkstatt in Isfahan genannt, die angeblich auch Diesel reparieren. Nur das mit dem Ersatzteil – das müssen wir besorgen.

Per Whatsapp bitte ich Christoph und Petra um Hilfe, in der Zwischenzeit kommen Sven und Teiti zu uns.
Der Plan steht: Während wir durch die Nacht nach Isfahan fahren, wird Petra versuchen, das Ersatzteil zu besorgen und es mit Lilith oder Christoph in Richtung Isfahan zu schicken. Rallye-Feeling pur!
Isfahan und Werkstatt Nr. 6
900 km und eine Nachtfahrt später erreichen wir die Vororte von Isfahan. Molly und Lucy bleiben „draußen“ und wir bitten Valle und Teiti mit Helga zur Werkstatt zu fahren und sich nochmal zu versichern, dass die wirklich Dieselfahrzeuge reparieren.


Um 14:00 setzen Sven und ich uns mit den beiden Hyundai in Bewegung und fahren durch die Rush-Hour zur Werkstatt – einmal halb durch die Stadt. Mittlerweile schaltet auch die Automatik nicht mehr sauber… da ist wohl auch was im Argen.
Egal. Geschafft. Wir erreichen die Werkstatt von Hamid und seinem Onkel. In der Nacht landet Lilith mit der Zylinderkopfdichtung im Handgepäck, die wir morgens sofort in die Werkstatt bringen. Der Motor ist schon ausgebaut, der Zylinderkopf wird zum Schleifen gebracht.
Das wird dauern.



Alles ok, oder?
6 Tage später sitze ich wieder hinter dem Steuer. Molly fährt und schaltet einwandfrei dank aufgefülltem Getriebeöl…
Tausende von Kilometern sorgloses Fahren liegen vor uns. Ich baue das Tablet und die drohende Kühlmittelanzeige ab. Turkmenistan mit seinen schlechten Straßen, Usbekistan mit Ausflügen zum Aralsee, Vervollständigung der Mannschaft in Samarkand und entlang der alten Seidenstraße, Kirgisistan als Zufahrt zum Pamir.
Zwischen den beiden Grenzstationen von Kirgisistan und Tadschikistan, die rund 25 km auseinanderliegen, passiert es dann: Molly kommt den Berg kaum hoch. Als wir den ersten bedeutenden Pass mit 4200 m mit viel Mühe erklommen haben, höre ich ein altbekanntes Zischen. Molly kocht.
Mist.

Also wieder das Tablet installiert, Wasser nachgefüllt und in bewährter Schleichfahrt auf den höchsten Punkt unserer Reise – den Ak-Baital-Pass mit 4655 m über dem Meeresspiegel. Molly hat zwar Fieber während des Aufstiegs, aber keinen kochender Kühler.

Durch den Wakhan-Korridor
Nach der Nacht im wohl härtesten Bett der Welt in Murgab haben wir uns aufgeteilt – die beiden Geländewagen durch den Wakhan-Korridor entlang der afghanischen Grenze, Valle und Helga auf direktem Wege nach Khorog, um dort erste Dinge für den Verkauf der Fahrzeuge vorzubereiten. Außerdem ist die Straße durch den Wakhan für Helga nicht geeignet. Zuviele Schlaglöcher.
Ein paar dutzend Kilometer nach der Abfahrt Richtung Wakhan quietscht und scheppert es bei Molly, als wäre da etwas nicht so ganz in Ordnung. Auf immer noch rund 4000 m begutachten wir die Situation: Der linke Hinterreifen ist platt, die Feder hinten rechts gebrochen.
Aller überflüssiger Ballast wird an den Straßenrand gestellt und unter großen Anstrengungen wechseln wir mit dem Bordwerkzeug den Reifen. Dass einer der Schraubbolzen ein demoliertes Gewinde hat, erleichtert die Sache ungemein.




Ab jetzt ohne Bierbänke, Metallersatzkanister, Edelstahlpfanne, Unterfahrschutz und den Resten einer Wassermelone machen wir kehrt, um den „normalen“ Pamir-Highway in Richtung Osten zu fahren – mehrere hundert Kilometer durch die Schotter- und Steinwüste ohne Federung? Unmöglich. Ein paar Kilometer später gibt auch die Feder auf der linken Seite auf und bricht. Perfekt.
Wer nicht weiß, wie sich das anfühlt – mit einem Auto ohne Hinterachsfederung durch eine Steinwüste zu fahren: Schrecklich! Jedes Schlagloch lässt den Wagen komplett durchschlagen – und das bei Geschwindigkeiten von 15-30 km/h. Und die straßen bestehen nur aus Schlaglöchern. Kein Wunder, dass man sagt, hier schaffe man nur 200 km am Tag. Jetzt wissen wir auch, warum.
Anderthalb Tage später erreichen wir Khorog und damit auch…
Werkstatt Nr. 7
In Khorog angekommen fahren wir den Wagen zusammen mit Valle in eine Werkstatt. Die Ersatzteile müssen wir selber besorgen – in einem Laden, der auf der linken Seite Molkereiprodukte anbietet, auf der rechten Seite ein bisschen so aussieht wie Autoteile Unger in gebraucht und schmuddelig. Egal. Es gibt zwei Federn, die vom Durchmesser passen, aber ein bisschen zu lang sind.




Was nicht passt, wird passend gemacht. Oder so eingebaut.

Einen Tag später und 50$ ärmer sind wir bereit für die Fahrt nach Duschanbe, der Hauptstadt des Landes. Ein 16-Stunden Trip, wie Valle uns versichert.
Beim langen Anstieg zu einem der gefährlichsten Tunnel der Welt noch ein letztes Mal Wasser nachfüllen – und das war es. Die letzten paarhundert Kilometer hat Molly ohne wesentliche Mucken absolviert – und wir haben auch nicht mehr so drauf geachtet 🙂

Und als Fazit?
Klar, Molly war nicht fabrikneu, als wir losfuhren. Doch nach den Erfahrungen unserer Gambia-Rallye (zur Erinnerung: Der Ford Mondeo wurde uns geschenkt, für TÜV haben wir 300€ bezahlt) gingen wir davon aus, dass Fahrzeuge für ~5000€ und <12 Jahren und Laufleistungen um die 200tkm problemlos die anstehenden 11000 km absolvieren.
Falsch gedacht.
Das eigentliche Ziel unserer Rallye haben wir erreicht: Alle drei Fahrzeuge nach Tadschikistan zu bringen – in einem verkaufbaren Zustand. Alle Silk Road Maniacs unbeschadet. Alle Hilfsgüter und Spenden abgeliefert.
Aber wir haben auch auf vieles von dem verzichtet, was wir eigentlich sehen und machen wollten:
- Fahrten durch Nationalparks im Iran
- Abstecher ans kaspische Meer
- Die Altstadt von Xiva besichtigen
- NICHT bis in die Nacht fahren müssen, sondern abends etwas unternehmen und Sehenswürdigkeiten besichtigen
- Unser Blog schreiben
Ging alles nicht.
Dafür das Gefühl, allen die Rallye kaputt zu machen. Immer die Angst, dass Molly liegenbleibt mit einem kapitalen Motorschaden.
Ist aber alles gut gegangen.
Und wie stand es so schön in der Mittelbayrischen:
„Es war verrückt, es war echt schön, aber ich würde es in der Form nicht noch einmal machen.“

Tschüss, Molly
Mein persönlicher Dank
An dieser Stelle möchte ich mich bedanken. Bei allen, die „Molly-Stalking“ betrieben haben und unsere Sorgen geteilt haben. Der Zuspruch – sei es auf Facebook, WhatsApp oder Email – all das hat einfach gut getan und geholfen, durchzuhalten.
Ganz besonderen Dank an Silvia, die uns geholfen hat, im Iran eine Werkstatt zu finden. Ohne diesen Einsatz wäre die Rallye vermutlich irgendwo im Iran vorbei gewesen. Entweder aufgrund eines irreparablen Motorschadens oder weil mich aller Mut verlassen hätte.
Ebenso Danke an Petra, die es mit den dürftigen Informationen aus meiner WhatsApp geschafft hat, eine passende Zylinderkopfdichtung samt Dehnschrauben für Molly zu organisieren – rechtzeitig vor Abflug!
Last but not least Danke an Lilith, die trotz entzündeter Speiseröhre ihre Rallyeteilnahme vorverlegt hat und so das erforderliche Ersatzteil nach Isfahan bringen konnte.
All das hätte geplant nicht besser laufen können.
Danke!
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